Grundsätzlich gilt: je jünger ein Kind ist, umso größer ist die Aufsichtspflicht der Eltern, insbesondere, wenn sie gemeinsam mit ihrem Kind am Straßenverkehr teilnehmen. Gemeint ist damit nicht nur die Benutzung der Straße, des Bürgersteigs/Radweges, sondern auch öffentlicher Plätze einschließlich Parkplätze und Fußgängerzonen.
Nach einer aktuellen Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm haben Aufsichtspflichtige, die mit ihrem Kind am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen, umfassend dafür Sorge zu tragen, dass sie grundsätzlich die Möglichkeit haben, unmittelbar auf dieses einzuwirken, um andere Verkehrsteilnehmer vor von ihm ausgehenden Gefahren zu schützen (OLG Hamm, Urteil vom 21.11.2023 – 26 U 79/23). Ein Abstand zum Kind von mehr als 5 m begründet nach dieser Entscheidung schon eine schadensersatzpflichtbegründende Aufsichtspflichtverletzung der Eltern.
Dieses Urteil entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH). Entgegen der weitläufigen Auffassung kommt es im Schadensfall nicht darauf an, ob Eltern ganz generell ihrer Aufsichtspflicht genügt haben. Entscheidend ist vielmehr, ob die Aufsichtspflichtigen die ihnen obliegende Aufsicht im konkreten Fall und in Bezug auf die zur widerrechtlichen Schadenszufügung führenden Umstände wahrgenommen haben. Die Beweislast hier geht gemäß § 832 Abs. 1 BGB ausschließlich zulasten des jeweiligen Aufsichtspflichtigen. Wird also ein Dritter durch das zu beaufsichtigende Kind geschädigt, so vermutet das Gesetz, dass die Eltern ihre Aufsichtspflicht zunächst schuldhaft verletzt haben und dass genau diese Pflichtverletzung ursächlich für den entstandenen Schaden war. Es obliegt dann den aufsichtspflichtigen Eltern, diese gesetzliche Vermutung zu widerlegen. (BGH, NJW 2009, Seite 954).
Bei minderjährigen Kindern bestimmt sich das Maß der gebotenen Aufsicht nach deren Alter, Eigenart und Charakter sowie danach, was den Aufsichtspersonen in ihren jeweiligen Verhältnissen zugemutet werden kann (BGH, ebenda).